KI - Guidelines, Richtlinien und Orientierungsrahmen

Wie österreichische Universitäten Künstliche Intelligenz lenken und steuern

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst keine abstrakte Idee mehr, sondern eine maßgebliche Kraft, die den Bildungsbetrieb in Europa revolutioniert. Die Schnittstelle zwischen KI und den Universitäten ist jedoch nicht nur geprägt von Innovationen, sondern bringt auch viele Herausforderungen mit sich. Diese Herausforderungen gehen in erster Linie mit Diskussionen über Kontrolle, Regulierung und Sicherheit einher.

In diesem Artikel sollen erste Governance-Ansätze, Richtlinien, Verordnungen und Empfehlungen skizziert werden, um einen ersten Einblick in die ethische, nachhaltige und demokratische Integration von Künstlicher Intelligenz zu geben. Die Ausgangsfrage lautet: Wie sehen erste Versuche einer Steuerung der KI-Implementierung an österreichischen Universitäten aus?

c Microsoft Copilot, KI generated image

KI-Guidelines an der Universität Wien

Bei technischen Neuerungen, wie im Fall der KI, ergeben sich viele Fragen zu Umgang, Grenzen und Potenzial der neuen Tools, auch an der Universität Wien. Das Center for Teaching and Learning (CTL) informiert über Grenzen und einen verantwortungsbewussten Umgang mit KI-Tools. Handlungsempfehlungen wurden mitunter in einem im September 2023 veröffentlichten Handbuch Guidelines: Umgang mit KI in der Lehre formuliert. Die Guidelines wurden im Auftrag des Rektorats durch Vizerektorin Christa Schnabl und Vizerektor Ronald Maier erarbeitet und stehen Lehrenden zur Verfügung. Diese bieten Unterstützung bei Fragen zu Künstlicher Intelligenz sowie zur Planung und Durchführung von Lehrveranstaltungen und Prüfungen im Lichte der aktuellen Entwicklung. Handlungsorientiert werden Charakteristiken von künstlicher Intelligenz, technische, rechtliche und ethische Rahmenbedingungen anhand von Fragen beschrieben. Die beschriebenen Anwendungsmöglichkeiten in der Lehre und deren Auswirkungen auf das Lehr- und Prüfungswesen zielen darauf ab, Lehrende bei der Einbeziehung von KI oder bei der kritischen Auseinandersetzung mit dem Thema zu unterstützen. Diverse Blogbeiträge der Universität Wien diskutieren darüber hinaus Fragen wie „Was ist KI“ und „Wie gehe ich im Studium damit um?“. Ebenso maßgeblich beleuchten Expert*innen die Themen Künstliche Intelligenz, Data Science und Algorithmen über zahlreiche Forschungsbereiche hinweg.

KI-Leit- und Richtlinien an der TU Graz

Die TU Graz hat sich entschieden, KI nicht nur als Forschungsfeld, sondern auch als integralen Bestandteil der Lehre zu etablieren. Die Umsetzung erfolgt durch klare Leit- und Richtlinien. Diese spezifische Leitlinie des Rektorats regelt den Einsatz von KI-gestützten Tools, umfasst didaktische Konzepte für die Lehrvorbereitung, den Einsatz während Veranstaltungen sowie die Gestaltung von Leistungsüberprüfungen unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit solcher Tools. Zusätzlich werden Lehrenden und Studierenden Zitiervorschläge bereitgestellt, um den Einsatz von KI in den Ergebnissen klar zu kennzeichnen. Ebenso betont die Richtlinie die Verantwortung der Studierenden für die Korrektheit und Originalität ihrer eingereichten Inhalte. Die Universität legt großen Wert auf die Einhaltung der Grundsätze guter wissenschaftlicher Praxis und hat klare Dokumentationsanforderungen für den Einsatz von KI-Werkzeugen festgelegt. Die TU Graz betont, dass Plagiate durch den Einsatz von KI-Werkzeugen denselben Konsequenzen unterliegen wie herkömmliche Plagiate. Kursleiter*innen haben jedoch die Flexibilität, von den Regeln abzuweichen, solange die Nutzung von KI-gestützten Werkzeugen ausdrücklich erlaubt ist. In solchen Fällen müssen Studierende sorgfältig dokumentieren, welche Werkzeuge verwendet wurden und wie sie zur Generierung von Text, Code oder Bildern eingesetzt wurden. 

KI-Orientierungsrahmen an der Karl Franzens Universität Graz 

Die Integration textgenerierender KI-Systeme, insbesondere seit der öffentlichen Verfügbarkeit von ChatGPT im November 2022, fand rasch Eingang in den internen Dialog an der Universität Graz. Schnell wurde erkannt, dass derlei Systeme nicht nur eine breite Nutzer*innenbasis bieten, sondern auch erhebliche und vielfältige Potenziale im Studium und in der Lehre aufweisen. Um Lehrende und Studierende in dieser dynamischen Umgebung zu unterstützen, hat die KFU Graz einen umfassenden Orientierungsrahmen für den Umgang mit textgenerierenden KI-Systemen entwickelt. Dieser Rahmen wurde in enger Zusammenarbeit mit den Studiendekan*innen erstellt und bietet eine Anleitung zur Nutzung verschiedener KI-Tools wie ChatGPT, Microsoft Copilot (ehemals Bing Chat), Google Gemini, HuggingChat, Ideogram und PlaygroundAI. Unter der Seite „Lehren und Lernen mit KI“ finden sich detaillierte Informationen und Ressourcen, die Interessierten und KI-Anwender*innen stets auf den neuesten Stand halten. Die KFU Graz bietet somit einen informierten und verantwortungsbewussten Umgang mit textgenerierenden KI-Systemen im Bildungsbereich und neben vielfältigen Informationen und Orientierungsrahmen auch vermehrt Weiterbildungen und Schulungen für die Nutzung und Anwendung von KI an.

Aufgefallen: JKU Linz und Uni Innsbruck

Im Rechercheprozess dieses Artikels sind noch zwei weitere Universitäten aufgefallen: die JKU Linz und die Universität Innsbruck. Die Universität Innsbruck setzt einen klaren Fokus auf den bedachten und verantwortungsbewussten Einsatz von KI im Studium, insbesondere in der Fakultät für Betriebswirtschaft. Eine für Studierende bereitgestellte Handreichung beleuchtet verschiedene Aspekte im Umgang mit KI-Tools, wie zum Beispiel den sinnvollen Einsatz in Arbeitsprozessen, Tipps für einen verantwortungsvollen Umgang im Studium, Leitlinien für wissenschaftliches Arbeiten sowie Informationen über mögliche negative Folgen wie Plagiatsrisiken und Missbrauch von Quellen.

An der JKU Linz fokussiert sich die Integration von KI ähnlich wie bei den bereits erwähnten Universitäten, auf die Bereiche Lehre und Forschung. Dabei sind zwei Einrichtungen maßgeblich beteiligt: Das Institut für Telekooperation bietet Lehrveranstaltungen zur KI an, in denen Studierende Einblicke in aktuelle Entwicklungen und Anwendungen von KI-Technologien erhalten. Zusätzlich stellt das LIT Robopsychology Lab ein gleichermaßen bedeutendes Forschungszentrum an der JKU Linz dar und setzt den Fokus auf die Verbindung von Psychologie mit aktuellen Fragen der KI und Robotik. Besonders hervorzuheben ist das Forschungsprojekt "How to explain AI", das sich damit beschäftigt, wie KI verständlich und zugänglich erklärt werden kann.

Ausblick: Gemeinsame Guidelines

Im Wechselspiel zwischen Fortschritt und Verantwortung versuchen sich österreichische Universitäten an die Gestaltung einer nahtlosen Integration von Künstlicher Intelligenz. Diese erstreckt sich von ethischen Leitlinien über umfassende Implementierungen bis hin zur kreativen Nutzung von textgenerierenden KI-Systemen. Derweil scheint die Geschwindigkeit, mit der sich KI entwickelt, noch zu fordernd zu sein, als dass gemeinsame und hochschulübergreifende Standards zu diesem Thema gesetzt werden können. Letztlich brauch man*frau aber nicht so genau hinschauen, um zu erkennen, dass sich die Versuche zur Steuerung von KI durchaus in Form und Format ähneln und überdies auch immer wieder dieselben inneruniversitären Schwerpunkte streifen. Eine Standardisierung von KI-Richtlinien, -Leitlinien und -Orientierungsrahmen könnte daher in absehbarer Zukunft wenig im Wege stehen.

Lina Michel, 22.02.2024