Digitale Zukunftskompetenzen
Hochschulen im DACH-Raum im Dialog
Im April fand ein bedeutendes Treffen zwischen einer Delegation des Hochschulforum Digitalisierung (HFD) aus Deutschland und dem digital university hub (DUH) aus Österreich statt. Gefördert durch das Hochschulforum Digitalisierung – einer breiten Förderinitiative des Stifterverbands der Wirtschaft - reiste ein Delegationsteam des HFD aus Deutschland in die steirische Hauptstadt. Ziel war ein Austausch mit dem Team der Organisationseinheit Lehr- und Lerntechnologien der TU Graz um Martin Ebner und Walther Nagler. Das Thema „Future Skills und Transformation im Hochschulkontext“ stand im Fokus der Reise. Die mehrtägige Agenda umfasste zahlreiche spannende Programmpunkte zur digitalen Lehre, darunter auch eine Kennenlern- und Austauschrunde mit dem Team des DUH. Im lebhaften Austausch über die jeweiligen Tätigkeitsbereiche entwickelte sich das Gespräch sehr schnell in Richtung der großen Fragen zukünftiger Kompetenzen und wie diese im Rahmen von Hochschullehre und Hochschulpersonalentwicklung angegangen werden können. Die Gäste aus Deutschland, Cvetanka Walter, Nicole Chaudhuri und Stefan Remhof, hatten hierzu reichlich Erfahrungen und Expertise mit im Gepäck.
Dr. Cvetanka Walter ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt DIGITAM an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes und beschäftigt sich intensiv mit der Implementierung von Future Skills in die Hochschullehre. Nicole Chaudhuri ist an der SRH Hochschule Heidelberg im Bereich Hochschulentwicklung und Weiterbildung tätig und arbeitet für den SRH Hochschulverbund am Projekt „CORE Future Skills“ zur Implementierung von Future Skills in die Curricula mit. Stefan Remhof ist Professor für Internationales Management an der IU Internationalen Hochschule. In seinen Forschungsarbeiten beschäftigt er sich mit der strategischen Weiterentwicklung digitaler Bildungslösungen und der Implementierung von E-Learning-Plattformen.
Vom Wissen zur Kompetenz: Erörterung von Zukunftsszenarien
Das Treffen in Graz war geprägt von der Diskussion über die Herausforderungen bei der Er- und Vermittlung von (Digital) Future Skills. Alle Beteiligten stellten fest, dass die Schnelllebigkeit und kurze Halbwertszeit von Informationen ganz neue Kompetenzprofile erfordern, die erstmal aufgebaut werden müssen. An welchen Orten soll diese Vermittlung zukünftig stattfinden? Die Loslösung von ortgebundenem Lernen stellt die Frage in den Raum, ob dies zukünftig in Anleitung und Begleitung oder in Selbstorganisation stattfinden wird.
Über allem stand die große Frage: Was sollen Universitäten und Hochschulen zukünftig leisten können, wenn der Arbeitsmarkt und New Work sich mehr und mehr entlang von Kompetenzen und weniger entlang von Wissen aufbauen?
Was nämlich bereits jetzt großflächig beobachtet werden kann, und das sowohl auf österreichsicher wie auch auf deutscher Seite, ist die Schwierigkeit, Lehrende kontinuierlich weiterzubilden und neue, digitale Lehrmethoden effizient in den Unterricht zu integrieren. Es wurde daher ebenfalls viel darüber diskutiert, wie diese Herausforderungen überwunden werden können und inwiefern dies eng damit verbunden sei , was generell unter einer „Kompetenz“ und weiterführend dann auch unter einer „zukunftsrelevanten Kompetenz“ zu verstehen ist.
Future Skills ins Studium! – Erfahrungsaustausch über Transformation und Kulturwandel in Hochschulen
Die deutschen Kolleg*innen zeigten auf, dass es sinnvoll ist, kontextspezifische Future Skills-Konzepte zu entwickeln, um Studierende und Lehrkräfte gemäß der eigenen Institution auszuwählen und zu definieren. Cvetanka Walter präsentierte das Future Skills-Modell Saar und Nicole Chauduri das Konzept an der SRH. In diesem Kontext wurde auch das Projekt „CORE Future Skills“ vorgestellt, dass seit dem Frühjahr 2022 durch die Zusammenarbeit von Hochschulmitgliedern des SRH Hochschulverbunds vorangetrieben wird.
Das Projekt zielt darauf ab, sogenannte Future Skills als besonders relevante Kompetenzen konkreter zu beschreiben und in die bestehende strategische Rahmenkonzeption der SRH für kompetenzorientierte Lehre – das CORE-Prinzip – zu integrieren.
Besonders interessant ist der partizipative Ansatz beider Projekte. Zur Findung eines Future Skills-Profils, das zur eigenen Hochschulidentität passt, wurden Mitarbeitende des ganzen Hochschulverbunds eingebunden. Weiters wurden mehrere Stakeholder*innen, nämlich Lehrende, Studierende, Management-Mitarbeitende sowie Arbeitgeber*innen eingeladen, sich am Prozess zu beteiligen. In Workshops, Diskussionsrunden und über Befragungen und Erfahrungen in Pilot-Lehrveranstaltungen sind verschiedene Perspektiven und eine große Anzahl verschiedener relevanter Kompetenzen zusammengetragen worden. Durch eine sinnvolle Clusterung entstand das aktuelle Modell mit überschaubareren fünf Future-Skill-Sets. An der htw saar entschied man sich bewusst für eine granulare Liste mit 17 Future Skills anstelle einer Clusterung. Das sollte den Erwerb von Future Skills für Lehrende und Studierende leichter umsetzbar machen.
Vernetzung als Schlüssel zur Bildungstransformation
Das Treffen in Graz hat deutlich gemacht, dass über Landesgrenzen hinweg an denselben Herausforderungen gearbeitet wird, die Zugänge jedoch recht unterschiedlich aussehen können. Umso wichtiger ist es, dass die Personen, die an denselben Themen arbeiten, sich vernetzen, austauschen und voneinander lernen. Dies ist unabdingbar, um auch in einem nächsten Schritt verschiedene Zielgruppen anzusprechen sowie Schulungen und Konzepte entsprechend zu kombinieren. Diese sollten immer wieder entlang der gemeinsam identifizierten Punkte erweitert oder sogar komplett erneuert werden. Transformation verlangt ein starkes „Wir“ und engagierte Change Agents, wie die Teilnehmenden bei diesem Treffen bewiesen.
Bereits jetzt gibt es eine Vielzahl von Angeboten, die darauf abzielen, digitale Kompetenzen zu fördern. In Österreich bietet die Plattform iMooX frei zugängliche Kurse zu verschiedenen Digital Skills an, darunter auch für Studienanfänger*innen und Lehrende. Das eDidactics-Programm der steirischen Hochschulkonferenz und berufsbegleitende Masterstudiengänge wie „eEducation – Digitales Lerndesign“ an der Universität Krems sind weitere Beispiele für Initiativen, die digitale Kompetenzen in der Lehre stärken.
Die Diskussionen und Ergebnisse des Treffens zeigen, dass die Vernetzung und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen und Ländern entscheidend sind, um den digitalen Wandel sowie ein an den Zeitgeist angepassten Transformationsprozess im Bildungssystem zu gestalten. Die gemeinsame Beschäftigung mit dem Thema, die Entwicklung neuer Konzepte sowie die Förderung von Digital Future Skills sind zentral, um die Hochschulbildung im DACH-Raum nachhaltig zu transformieren.
Lina Michel, 27.06.2024