youni

Der Campus am Smartphone

Ein Studierendenleben kann ganz schön anstrengend sein. Vor allem, wenn man als Nachteule nach Vorlesungsschluss vor dem Lernraum am Campus steht und die Brieftasche zu Hause liegen geblieben ist. Im Rahmen des Ministeriumsprojekts Mobile First for Students der Uni Graz, der Vetmeduni Wien und der WU Wien möchte man Österreichs Studierenden das Leben ein Stück weit leichter machen. Mit einer App inklusive Studierendenausweis, kontaktloser Druckfunktion, Türöffnung via Bluetooth, Chatbot und vielem mehr. Das alles mit einheitlicher User Experience, angepasst an die vertrauten Corporate-Design-Elemente der jeweiligen Universität.

Klingt doch gut, oder?

your uni – your smartphone - your app

Na dann: Ab vor den PC und ran ans Programmieren – so zumeist die Vorstellung von Außenstehenden. Dass es nicht so einfach ist, ist dem Projektteam klar. Zu Beginn werden erst einmal Risiken abgeschätzt, Stakeholder und auch Nutzergruppen analysiert. Klar ist, dass man die zukünftigen Nutzer*innen vom Ideenfindungsprozess an aktiv miteinbinden möchte. Schließlich soll am Ende eine an die Wünsche und Bedürfnisse der User*innen zugeschnittene App entstehen. Hierfür nimmt man an einem europaweiten Ideen-Hackathon teil, in dem sich Studierende, Lehrende und Tech-Geeks einbringen und Ideen für innovative Funktionen der App sammeln. Auf Basis der Ergebnisse aus dem Hackathon und Befragungen innerhalb der beteiligten Universitäten werden ein Anforderungskatalog und ein technisches Konzept erstellt, das im Februar 2021 an der Uni Graz in die Entwicklung geht. Die ersten Funktionalitäten werden noch im selben Jahr umgesetzt. Die WU schafft die Anbindung ein Jahr später, die Vetmeduni Wien ebenso. Im Rahmen eines App-Branding-Workshops, abermals mit Studierenden, entsteht der Name youni, kurz für „Your Uni“.

Die Message ist klar: Es ist deine Uni, dein Smartphone, deine App – deine Meinung zählt. Deshalb testen seit September 2022 Studierende der Uni Graz die App in der Beta-Phase und melden Bugs, um die Behebung kleinerer und größerer Kinderkrankheiten bereits vor Einführung des Regelbetriebs sicherzustellen. Damit sich youni nach Projektabschluss etablieren kann, wird die App mithilfe der Abteilung für Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit, der Studien- und Prüfungsabteilung, der ÖH und über die UniIT-Services intensiv beworben. Von Social Media, über Uni Graz Online (UGO) bis hin zu klassischen Flyern zu Semesterstart werden verschiedenste Kanäle bedient, damit Studierende von youni erfahren und die App als Early-Access-Version austesten können. In Zukunft könnte youni bei Interesse auch anderen Hochschulen zugänglich gemacht werden, was dank gut definierter Schnittstellen und dem generischen Charakter der App möglich sein wird. Begleitet natürlich vom Projektteam, das noch wie am ersten Tag für sein „Baby“ brennt.

Studierende und eine Workshopleiterin befinden sich in einem Raum mit große Fenster. Die Studierenden sitzen an Tischen mit zahlreichen Post-its und hören der stehenden Workshopleiterin aufmerksam zu.
App-Branding-Workshop an der WU Wien und online

Kommunikation ebnet den Weg zum Change

Ein ausgefeiltes Kommunikationskonzept und Miteinbindung von Beteiligten ist nicht nur für die Durchführung eines Projekts zu empfehlen. Beides kann dazu beitragen, dass am Ende sowohl ein funktionstüchtiges Produkt zur Verfügung steht, als auch ein nachhaltiger Change der Arbeits- und Kommunikationskultur an einer Universität vonstattengeht. Hierfür sollten beteiligte Personen gleich zu Beginn des Projekts davon überzeugt werden, dass sie durch ihre Arbeit einen wertvollen Beitrag zum Projekt und zum Produkt leisten. Dafür müssen das Ziel, die Produktvision, die Wertigkeit und Wichtigkeit des Produkts klar und verständlich an alle Ebenen kommuniziert werden. Ebenso muss allen Beteiligten entsprechende Wertschätzung entgegengebracht werden. Der Change: Statt Dienst nach Vorschrift abzuleisten, kommt nun Begeisterung für das Projekt und die eigene Arbeit auf, zwischen Abteilungen und Organisationseinheiten wird verstärkt kollaboriert und kooperiert. Ein solcher Kulturwechsel ist immer schwierig und kann durchaus auf Widerstände stoßen. Hier ist eine Führungsebene gefragt, die hinter dem jeweiligen Projekt und seinen Mitarbeitenden steht und durch Transparenz und klare Kommunikation Widerstände abschwächt.

Auch neue Arbeitsmethoden können den Weg zum Change ebnen. Als erstes Projektteam der Karl-Franzens-Universität arbeitet man nach Scrum, einer Methode des agilen Projektmanagements. Dazu wird eine Scrum-Masterin aufgenommen. Zusätzlich dazu verwendet das Team Teil-Elemente aus SAFe, um die Abstimmung mit den Projektpartnern voranzutreiben. Dieser Mut rentiert sich: Die Zusammenarbeit im Team funktioniert ausgezeichnet, Verantwortlichkeiten und Rollen sind klar verteilt und werden auch so ausgeübt.

Erläuterung der Rollen und Abläufe in Scrum. Mehr Infos dazu finden Sie außerhalb des duh.
Scrum Framework, c wikimedia commons

Diese klaren Strukturen wirken sich positiv auf den Erfolg des Projekts aus. Damit diese Veränderung der Arbeitsweise in Zukunft nicht nur isoliert in einem Team, sondern innerhalb der ganzen Universität stattfindet, ist wiederum die Führungsebene gefragt. Einzelne Projektteams wie das von Mobile First for Students können zwar als Beispiel vorangehen. Ohne klares Commitment von „oben“ kann diese Art der Veränderung jedoch nicht in anderen Abteilungen und Organisationseinheiten Wurzeln schlagen.

Ein Blick in die Wirtschaft lohnt sich

Hilfreich kann auch ein Blick über die Universitätsmauern hinaus sein. Erfolgreicher Change funktioniert auch in der Wirtschaft nur unter gewissen Bedingungen. Vor allem aber braucht es eine ehrliche und konsequente Bereitschaft zur Veränderung zu einem klar definierten Ziel hin. Externe Change Management-Expert*innen und Erfahrungen aus der Wirtschaft bieten hierfür einen hohen Mehrwert. Man räumt Hochschulen eine Sonderstellung ein, die sie nicht haben: Gerade in großen Konzernen gibt es oft genauso festgefahrene Arbeitshaltungen, ein „Never-change-the-running-system“-Mindset und strenge Hierarchien, die Change-Prozesse erschweren. Erfahrene Change Manager*innen, die außerhalb dieser Hierarchie stehen, können diese aufbrechen und zwischen den unterschiedlichen Hierarchieebenen vermitteln. Wenn an der eigenen Universität bereits Expert*innen für Change Management in der Lehre angesiedelt sind, sollte man zudem aktiv auf diese zugehen und für Projekte ins Boot holen.

Abschließend möchte das Projektteam von Mobile First for Students anderen Hochschulen noch Folgendes mitgeben:

„Ein Change ist nie einfach und passiert auch nicht über Nacht. Eine Veränderung erfordert neben einem klaren Ziel und dem Willen zur Umsetzung auch jede Menge Mut und Durchhaltevermögen. Das Beispiel Mobile First for Students zeigt, dass es an Universitäten durchaus Saatkeime für Veränderung gibt. Der Nährboden muss allerdings nachhaltig aufbereitet und das Pflänzchen, wenn es sprießt, gut gehegt werden. Dann kann Veränderung gedeihen, wachsen und geerntet werden.“

Wer Interesse an oder Fragen zu der Hochschulapp youni hat, kann sich gerne jederzeit an youni@uni-graz.at wenden.