Digitale Lehre verwandelt Wahrscheinlichkeitstheorie in Abenteuer

Der Plan für dieses Abenteuer entsteht nach einer Vorlesung zu Thomas Bayes Theorem. Im leeren Hörsaal hallt die Frage nach: „Wie können wir Studierende zu mehr Fragen und aktiver Mitarbeit motivieren?“ Mit dieser Reise von Captain Bayes und seiner Crew hat ein Team der TU Graz die Theorie mit Leben befüllt.

Die Erschließung des Bayes Theorems ist für unzählige angehende Mathematiker*innen auf der ganzen Welt kein leichtes Unterfangen. Als essentielle Grundlage ist es allerdings nicht nur für die Berechnung von Wahrscheinlichkeiten unverzichtbar, sondern ermöglicht eine Reihe komplexer Aufgabenbewältigungen.

Es hilft bei der Klassifizierung von Spammails ebenso wie bei der Entscheidungsfindung im autonomen Fahren oder bei der Analyse und Vorhersage der COVID-19 Infektionslage in Kombination mit Anti-Corona Maßnahmen. Erfolgreiche Anwendungen reichen von der Entschlüsselung der Enigma im zweiten Weltkrieg durch Alan Turing bis hin zur Erstellung für die Prognosen des Klimawandels. 

Dieses komplexe Wissen findet daher auch an Hochschulen seinen Platz und muss den Studierenden interessant und verständlich vermittelt werden.

Um die Begeisterung für das Thema zu steigern und die Grundlagen besser zu festigen hat ein Team der TU Graz nun einen neuen Kurs eingeschlagen. Sie schicken den komplexen Stoff in neuer Form über die Weltmeere und erobern damit Herz und Verstand internationaler Studierender im Sturm.

Aufbruch ins Unbekannte

Mit den Ressourcen werden neue Stellen geschaffen und das Team macht sich ans erste Brainstorming für die Umsetzung des MOOCs. Die Bayessche Wahrscheinlichkeitstheorie beschreibt den Umgang in einem Ozean der Unsicherheiten und bildet damit in seinen Ausbaustufen das Fundament für Machine Learning und Big Data.

Die Idee für Captain Bayes war geboren, der mit seiner Crew alle wichtigen Aspekte der Theorie erobert. Die aufregende Reise zur Entstehung eines außergewöhnlichen Kurses beginnt.

Das neue digitale Schiff flott machen

Das Team nutzt die neue Plattformen auf kreative Weise, um Studierende zu erreichen. Dank PixelArt entstehen Charaktere, denen man sich auf der Lernreise gerne anschließt. Die wichtigsten Aspekte finden sich in den unterschiedlichen Episoden wieder. 

Nicht nur Captain Bayes sieht sich vor neue Aufgaben gestellt. Für die Umsetzung muss auch das Team Neuland betreten. Wie zeichnet man PixelArt? Was braucht ein gutes Drehbuch? Wer spricht die Synchronstimmen ein? Wie wird das Projektmanagement in diesem arbeitsintensiven Projekt gemeistert? Und wer kann eigentlich Videoschnitt?

Durch Motivation und Engagement nimmt die Geschichte Fahrt auf. Eine Physikerin und eine Biomedical Studentin werden zu PixelArt Zeichnerinnen, eine Diplomandin und ein Bachelorstudent bilden das Creative Team. In diesem digitalen Labor werden viele neue Dinge ausprobiert.

Das gesamte Team unterstützt sich gegenseitig, um sich die fehlenden Skills anzueignen. Für fehlende Fähigkeiten werden alle persönlichen Netzwerke aktiviert. So finden beispielsweise die Mitglieder*innen der HTU Theatergruppe als Synchronauten (Synchronsprecher*innen) ein neues Betätigungsfeld.

Innerhalb des ersten halben Jahres schafft es das Team einen MOOC zu kreieren und erschließt damit für die Lehre eine ganz neue Insel.

Ein Trailer über das Projekt findet sich HIER.

Betreten neuer Welten in der Lehre

Das Projekt lässt mathematische Formeln lebendig werden und verbindet zusätzlich Wissensvermittlung, Diskussion und Anwendung. Digitalisierung und Gamification machen das komplexe Thema durch Beispiele anschaulich und verständlich. Für die Studierenden sind die Vorteile vielschichtig. Zusätzliche Festigung und mehr Verständnis werden spielerisch vermittelt.​

Der Ehrgeiz des Teams wird durch Zuspruch weiter angestachelt. Das MOOC wird zur Ausgangsbasis für weitere Pläne. Ziel ist die interaktive Partizipation. Studierende sollen mehr Möglichkeiten für den Austausch finden und gemeinsam an Problemen arbeiten können. Digitale Microcredentials machen die Check Badge fälschungssicher und können jederzeit (beispielsweise via badgr) verifiziert werden. In Corona-Zeiten bringt damit die Technologie den Austausch im Hörsaal und das gemeinsame Problembewältigen für die Studierenden zurück. Darüber hinaus zieht das Projekt viele internationale Studierende an. ​

​Durch den Erfolg ziehen die Charaktere immer weitere Kreise. Das bewährte Skript verwandelt sich durch Technologie in ein zeitgemäßes Tool. Mit Hilfe der Programmiersprache Julia und den reaktiven Pluto Notebooks, wird der Stoff neu aufgesetzt. Ohne Vorkenntnisse können Studierende alle Parameter in Formeln umwandeln und die Konsequenzen ablesen. Auch damit trifft das Team einen Nerv. Julia macht den Einstieg in das selbstständige Programmieren denkbar leicht. Ein Programmierclub ist gerade im Entstehen. Die Charaktere und Beispiele sind so beliebt, dass sie auch in der Vorlesung eingesetzt werden. Der Kreis schließt sich, wenn die digitale Kreation wieder in die analoge Uni-Welt einzieht.

Digitale Reise setzt neue Leuchttürme

Der Erfolg von Captain Bayes kann sich sehen lassen. Fast 500 Teilnehmer*innen im ersten Monat, 80% davon bestreiten sogar das erste Quiz. 

Das Projekt gibt eine Antwort auf eine zentrale Frage der Lehre heute: Wie kann die digitale Vermittlung von Lehrinhalten ansprechender gestaltet und sinnvoll mit multimedialen Möglichkeiten und Erzähltechniken dargestellt werden. 

Durch ein spielerisches Konzept wird ein spannender und ungesehener Zugang zu einem bekannten Thema geschaffen. Rückblickend kann man sagen, es war eine lange und fordernde Reise. Die Erleichterung nach gelungenem Anlegen ist den Beteiligten anzusehen. 

Projekte, die Film und Programmierung derart in den Fokus stellen, benötigen eine Menge Zeit und Ressourcen. Der deutlich höhere Initialaufwand macht sich langfristig bezahlt, wenn internationale Studierende und Interessierte darauf zugreifen. Durch Motivation wurden Hürden und Untiefen umschifft. Als Belohnung warten neue Skills - nicht nur für die Studierenden, sondern auch für das TU Graz Team.

Langfristige Eroberung neuer Anwendungen

Mit derart gefestigten Grundlagen auf allen Seiten ist der Weg frei für die Umsetzung neuer Möglichkeiten.  Im Mittelpunkt stehen dabei:

  • Update by new evidence (die Möglichkeit, neue Erkenntnisse in den Entscheidungsprozess einfließen zu lassen)
  • Support in qualified decision making (die Eigenschaft, Entscheidungen nicht zu treffen, sondern sie zu qualifizieren)
  • Solving inverse problems (die Fähigkeit, Annahmen zu hinterfragen und Fehlerabschätzungen zu treffen)

Ein einfaches Beispiel gefällig? Sie sollen sich zwischen zwei Produkten entscheiden. Ein Produkt hat 4.5 Sterne mit insgesamt 150 Bewertungen, das zweite 4.7 Sterne mit nur 10 Bewertungen, und Sie tendieren eher zum ersten Produkt. Wie sollen Sie sich entscheiden?

Eine mögliche Lösung: Captain Bayes interaktives Notebook

Wer Bayes Theorem verstanden hat, kann in der Praxis bessere Entscheidungen treffen. Es ermöglicht in einem Entscheidungsprozess sowohl die eigene Wahrnehmung als auch zusätzliche Informationen einfließen zu lassen. 

Und nun auf zu neuen Abenteuern. 

Sie haben auch Ideen für MOOCS, die Sie an Ihrer Hochschule umsetzen möchten? Dann kontaktieren Sie das Team von iMooX. Diese unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung.