HR4u: (Human Resources for You)

Das Digitalisierungsprojekt des Personalmanagements der Universität Wien

Die Universität Wien, eine der ältesten und größten Universitäten Europas, realisierte mit Jahreswechsel 2021/2022 ein Mammutprojekt der Digitalisierung: Ihr Personalmanagementsystem wurde von „analog-softwareunterstützt“ auf digital umgestellt. Dieses Unterfangen bedurfte strategischer, technologischer und personeller Höchstleistungen. Unter dem Projekttitel HR4u: arbeitete ein engagiertes Projektteam an zahlreichen Teilprojekten, die für eine reibungslose Systemumstellung notwendig waren.

Seit Systemeinführung erfassen Mitarbeiter*innen selbstständig zahlreiche Anträge elektronisch, wie z. B. tägliche Arbeitszeiten, Krank- und Gesundmeldungen, Abwesenheiten (Urlaube, Pflegefreistellungen etc.), Dienstreisen (Anträge, Abrechnungen) oder veränderte Personendaten. Auch die Genehmigungsprozesse durch Führungskräfte erfolgen digital. All dies kann über den PC oder mobile Endgeräte geschehen. Prozesse des Personalmanagements laufen somit einfacher, schneller, transparenter – und papierlos!

Projektergebnisse

Am 1. Jänner 2022 vollzog die Universität Wien einen Personalmanagementsystemwechsel, hin zu SAP-HCM, wodurch die universitäre HR ins digitale Zeitalter eintrat. Unter den Stichwörtern bzw. Prinzipien Employee und Management Self Service laufen seither sämtliche Prozesse digital und online, anhand von Apps bzw. Kacheln.

Kontext & Herangehensweise

Mit der Entscheidung des Rektorats, sämtliche Personalmanagement-relevante Prozesse zu digitalisieren, fiel der Startschuss. Zuerst bedurfte es intensiver Recherchen zu den am Markt verfügbaren Optionen. Danach folgte die Ausschreibung entsprechend den Regelungen des Vergaberechts. Die Entscheidung fiel dann für ein SAP-HCM System. Kooperationspartnerin war/ist die Bundesrechenzentrum GmbH (BRZ). 2018 folgte der offizielle Umsetzungsstart.

Innerhalb der ersten Monate nach Umsetzungsstart gab es über 20 Workshops mit Vertreter*innen aus den Dienstleistungseinrichtungen Personalwesen und Frauenförderung sowie Zentraler Informatikdienst, um die detaillierten Anforderungen der Universität Wien zu erheben. Die Dokumentation dieser Workshops mündete in einem Grobkonzept, welches auch die Basis für den offiziellen Aufbau der diversen Module bildete. Es folgten das Grund-Customizing, das erste Testsystem, weitere Workshops sowie strategische Arbeitsgruppen, in denen übergreifende Themen bearbeitet wurden. Projekträumlichkeiten wurden angemietet und eine neue Mitarbeiterin für das Project Management Office wurde engagiert. Es wurden insgesamt zwölf Teilprojekte definiert, die die zentralen Themen im Bereich des Personalmanagements abbildeten. Ein weiteres, 13. Teilprojekt befasste sich mit dem erforderlichen Change Management (CM) – mit diesem Teilprojekt ist das Projekt HR4u: am DUH schwerpunktmäßig vertreten.

Eine SAP-Systemumstellung im Personalwesen ob der Steuer- und Sozialversicherungssystematik nur mit dem Stichtag eines 1. Jänners erfolgen. Gelingt die Umstellung technisch nicht, muss sie um ein Jahr verschoben werden. Diese kalendarische Anforderung verlangt nach einer Punktlandung, der eine straffe Planung mit ausreichend Spielraum vorausgehen muss.

Am 1. Jänner 2022 fiel der Startschuss: Das SAP-HCM System ging live.

Digitalisierung & veränderte Arbeitskultur

Für die Universität bedeutete die Digitalisierungsinitiative zuerst ein Neulernen von Logiken und Prozessen, die bisher analog-softwareunterstützt funktionierten. Also: Apps anstatt EXCEL-Listen sowie Online-Eingabemasken anstelle von Ausfüllen, Ausdrucken, Unterschreiben, Einscannen, Hochladen bzw. Ablegen.

Die Umstellung verlangte zudem ein erweitertes Verständnis vom kleinen Einmaleins des Arbeitsrechts. Denn einige relevante rechtliche Hintergründe, die das digitale System sozusagen sichtbar macht, waren bis dato nicht unbedingt bekannt oder bewusst.

Die Digitalisierungsinitiative bedeutete aber vor allem eine Veränderung hin zu einem Employee und Management Self Service, samt einhergehender Workflows. In einigen Organisationseinheiten kam dieses Do-It-Yourself einer grundlegenden und nachhaltigen Veränderung der Arbeitskultur gleich.

Veränderungsbegleitung

Was sich hier in ein paar Sätzen skizzieren lässt, bedurfte eines eigenen Teilprojektes CM, eines entsprechenden Teams an Expert*innen, zahlreicher Meetings, unzähliger Ansätze, Diskussionen, Pläne samt Adaptierungen sowie einer fortwährenden Kommunikation mit den Zielgruppen. Diese Kommunikation schloss one-way Information und two-way Dialoge auf diversen Kanälen sowie Schulungen und Trainings in unterschiedlichen Formaten mit ein.

Im CM geht es um die Menschen, die von einer Veränderung betroffen sind! Es geht um deren Individualität und Vielfalt, um deren Arbeitskontexte und Bedürfnisse sowie um das Miteinander und schließlich die gesamte Organisationskultur.

So gilt es bei jedem HR-Großprojekt an der Universität Wien, vielseitige Aspekte mitzudenken: kulturelle und sprachliche Diversität; komplexe vertragliche Strukturen durch multiple Anstellungsverhältnisse; heterogen gelagerte Expertisen aufgrund von disziplinärer Fülle; unterschiedliche Gepflogenheiten und Routinen in teils sehr großen Organisationseinheiten; oder physische Arbeitsplätze an mehr als 60 Standorten, mit mindestens ebenso vielen Infrastrukturen und Arbeitsrealitäten. Dies sind nur einige Beispiele, die verdeutlichen, dass das Kennen, Erkennen und Definieren von Zielgruppen essentiell sind sowie dass das Konzipieren und Umsetzen von CM-Maßnahmen wohl bedacht sein müssen. Denn letztlich haben die CM-Maßnahmen den Menschen in ihren konkreten Arbeitsumfeldern gerecht zu werden.

Ziele & Zielgruppen

Die Tätigkeiten des CM lassen sich mit diesen Verben umreißen: informieren, kommunizieren und schulen; begleiten und unterstützen; planen und reflektieren. Konkret mündeten diese Tätigkeiten in die folgenden fünf Leitziele bzw. Schwerpunktbereiche: Information und Kommunikation; Knowhow-Transfer; Service und Support; Reflexionsräume; Strategieentwicklung und Planung.

Auf Basis dieser Ziele wurden die CM-Maßnahmen für die folgenden Zielgruppen entwickelt: Führungskräfte, Zeitbeauftragte, Reisebeauftragte sowie Universitätsmitarbeiter*innen des allgemeinen und wissenschaftlichen Personals. Natürlich galt es auch die internen Zielgruppen (Vertreter*innen aus den Dienstleistungseinrichtungen Personalwesen und Frauenförderung sowie Zentraler Informatikdienst bzw. EDV-Beauftragte) zu berücksichtigen.

Die Zeitbeauftragten und Reisebeauftragten wurden jeweils innerhalb der Organisationseinheiten von Führungskräften nominiert. Diesen beiden Rollen kommt seit der Systemumstellung eine Schlüsselrolle zu, da sie intensiver mit dem System arbeiten: Sie unterstützen Mitarbeiter*innen und Führungskräfte ihrer Organisationseinheiten in Bezug auf sämtliche zeitwirtschaftliche und reisebezogene Themen, sie fungieren dabei als First-Level-Support.

Zeitbeauftragte haben beispielsweise als einzige User*innen auch Zugang zum Time Manager‘s Workplace, dem Backend des Systems, um Korrekturen vorzunehmen (z.B. im Fall fehlender bzw. fehlerhafter Zeiterfassung von Mitarbeiter*innen); gewisse Aktivitäten/Ereignisse zu erfassen; oder Daten einzusehen. Vormals notwendige manuelle Tätigkeiten (wie die Kontrolle von Gleitzeitlisten; die Bearbeitung von Abwesenheitsanträgen / Krankmeldungen / Pflegefreistellungen; oder das Führen von Urlaubsblättern) entfallen nunmehr, zugunsten der Pflege von Zeitdaten und der Bearbeitung von Fehlermeldungen im Backend.

Diese beiden Zielgruppen mussten daher mit entsprechenden CM-Maßnahmen besonders fokussiert werden.

CM-Maßnahmen

Die Herausforderungen beim Planen und Realisieren von CM-Maßnahmen sind die erforderliche Offenheit und Multidimensionalität. Denn von geplant bis spontan, global bis individuell sowie langfristig bis Akuthilfe muss man sich auf sämtliche Gegebenheiten vorbereiten bzw. mit Unvorhersehbarem umzugehen wissen. Ein Beispiel: Wenn ein Schulungsangebot (bestehend aus zahlreichen Einzelterminen für Kleingruppen) in Präsenz (in Computerräumen) geplant ist, dieses aufgrund eines nationalen Lockdowns aber in der Form nicht realisiert werden kann, dann gilt es, kurzfristig auf ein Onlineformat umzusatteln – und zahlreiche Fragen müssen dafür geklärt werden: Welches Tool eignet sich für eine virtuelle Abhaltung, unter Berücksichtigung der (interaktiven) Schulungsziele? Welche technischen Voraussetzungen (Hardware, Software, stabile Internetverbindung oder VPN) müssen die universitätsinternen Teilnehmenden und universitätsexternen Trainer*innen mitbringen und wie kann man diese in einem Lockdown gegebenenfalls beschaffen? Zu welchen Bedingungen können gebuchte Räume storniert werden? Etc.

Die erste genauere Information an die Universitätsöffentlichkeit erfolgte noch in Präsenz im Herbst 2019. Zum Town Hall Meeting im größten Hörsaal der Universität Wien wurden alle Universitätsmitarbeiter*innen eingeladen. Die Resonanz war sehr positiv, mehrere hundert Personen nahmen die Einladung an und an der Veranstaltung teil. Für Führungskräfte wurde zudem eine eigene Informationsveranstaltung abgehalten. Von da an verdichteten sich die CM-Maßnahmen, entsprechend der jeweiligen Projektphase. Es gab insbesondere:

  • generelle Informationen im Rektoratsnewsletter sowie zielgruppenspezifische E-Mail-Aussendungen an Mitarbeiter*innen
  • (online) Schulungen, Trainings, Workshops für Zeit- und Reisebeauftragte
  • Informationsveranstaltungen und Aussendungen für Führungskräfte
  • dauerhaft zur Verfügung stehende Formate: z.B. Lernvideos, Screencasts, Klickanleitungen, Manuals, Guides oder laufend aktualisierte FAQs
  • interaktive Formate; z. B. zielgruppenspezifische Wikis oder Sounding AGs
  • individuelle Betreuung; z. B. Service-Hotline, Service-Desk oder Service- E-Mail-Adressen

Feedback & Evaluierung

Auch das Einholen von Feedback bzw. das Evaluieren der CM-Maßnahmen hatte in der Digitalisierungsinitiative HR4u: einen zentralen Stellenwert inne. Führungskräfte bzw. Zeit- und Reisebeauftragte, die regelmäßig in Interessensgruppen zusammenkommen, hatten die Option, sich dort mit ihren Erfahrungen auszutauschen. Möglichkeiten, für alle Universitätsmitarbeiter*innen, sich einzubringen oder auch Bugs zu melden, reichten von diversen Service-E-Mail-Adressen bis hin zum speziell eingerichteten HR4u: Service-Desk. Einige Monate nach dem Go-Live wurde eine umfassende Online-Umfrage für Zeitbeauftragte durchgeführt, mit dem Hauptziel, bevorzugte CM-Formate und zu vertiefende Themen zu eruieren. Die Universitätsöffentlichkeit nahm diese Angebote intensiv an. Aufgrund all der Rückmeldungen wurden bestehende CM-Maßnahmen bei Bedarf adaptiert bzw. neue Maßnahmen entwickelt.

Die Erfahrungen aus diesem umfangreichen CM-Prozess nutzen wir nachhaltig – z. B. im Kontext der Einführung von SAP SuccessFactors Recruiting, einem weiteren SAP-Projekt der Universität Wien, im Mai 2023.