Zockst du noch oder lernst du schon?

Gamification und Game Based Learning in der Lehre

In den letzten Jahren haben sich einige Trends im Bereich der universitären Lehre unter dem Deckmantel des E-Learnings festgesetzt. Ein Trend, der sich in dem Kontext besonderer Popularität erfreut, ist jener der Gamification und des Game Based Learnings. Es entstehen ganz neue Narrative im Bereich der digitalen Spiele am PC oder Laptop, die längst nicht mehr nur den „Gamer*innen“ vorbehalten sind. Wir erleben, dass im Gebiet der Wissensvermittlung immer häufiger auf Verwendung von spielerischen Elementen in der Gestaltung von Lernformaten gesetzt wird.

Doch worin genau unterscheiden sich herkömmliche Lernprozesse von Game Based Learnings? Welchen Effekt hat Gamification auf Lernende? Und welche Erwartungen müssen neue digitale Lerntechnologien in diesem Kontext zukünftig erfüllen?

Ein Bild mit Zeichnungen zum Thema Gamification
c iStock, Prostock Studio

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Gamification oder auch Gamifizierung bezeichnet einen Prozess, bei dem Spiele in bereits bestehende Aktivitäten integriert werden, mit dem Ziel, das Engagement oder auch die Beteiligung an den Aktivitäten zu erhöhen. Konkret werden hier keine vollständigen Spiele, sondern einzelne Spielelemente in Anwendungen integriert, um beispielsweise Universitätskurse spannender zu gestalten. Diese Spielelemente können die Gestalt von Wettbewerben, Punkten, Spielregeln und Selbstdarstellung haben. Die Verwendung solcher Elemente bezieht sich in der Regel auf ein Belohnungssystem, das die Lernenden dazu anregen soll, sich vertiefend mit der Materie auseinanderzusetzen. Der Fokus der Gamification liegt darin, die Teilnahme, die Motivation sowie das Engagement des*der Nutzer*in zu aktivieren und zu fördern. Kontinuierliches Feedback und Belohnungen sowie die Möglichkeit, ein Thema oder eine Materie so lange zu üben, bis der*die Lernende sie beherrscht, verstärken nicht nur die Motivation, sondern auch in Folge den Lerneffekt. Ein Beispiel hierfür kann der Erhalt von digitalen Medaillen oder Pokalen für die Erreichung einer bestimmten Note sein.

Game Based Learning oder auch spielbasiertes Lernen bezeichnet den Lernprozess, der durch die Einbettung von Spieleigenschaften und -Methoden in Lernaktivitäten entsteht. Zu Komponenten des Game Based Learning gehören Punktesystem, Diskussionsforen, Quizze aber auch Bestenlisten und Abzeichen für Erfolge. So können Punkte beispielsweise mit akademischen Belohnungen verbunden sein, z. B. mit einer zusätzlichen Woche für die Abgabe einer Aufgabe, wenn eine bestimmte Punktzahl erreicht wird. Abzeichen können vergeben werden, wenn Studierende ein bestimmtes Erfolgsniveau erreichen.

Eine Frau freut sich etwas geschafft zu haben
c iStock, fizkes

Der Lerneffekt entsteht durch den Einsatz von Spielmethoden, sprich durch Gamification. Wie einige wissenschaftliche Artikel hervorheben, wird im Rahmen dieser Entwicklungen besonders das kritische Denken und kreative Problemlösungsfähigkeit gefördert. Gamification bezeichnet damit den Prozess sowie einzelnen Methoden, die Game Based Learning ermöglichen und damit den Effekt der Lernförderung auslösen.

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Wir konnten beobachten, wie sich die analoge Lehre in den letzten Jahren zu einer digitalen und dann zu einer hybriden entwickelte und E-Learning als praktizierendes Konzept in Lehre und Studium Einzug erhalten hat. Nichtsdestotrotz werden E-Learning Formate zumeist nicht ganz unkritisch betrachtet. Negative Bewertungen beziehen sich vor allem auf die Mittelmäßigkeit herkömmlicher Lernprogramme, die den Erwartungen und Anforderungen junger Nutzer*innen nicht gerecht werden. Diese Gruppe an jungen Lernenden sind an zielgerichtet interaktive und anspruchsvollere Mediennutzung gewohnt, sie haben andere Vorstellungen von Kommunikation, Konnektivität und Lernen. Diese Vorstellungen sind durch Technologien geprägt, die oft alltäglich genutzt werden und von digitalen Spielen beeinflusst sind.

Zudem basieren herkömmliche E-Learning Formate oft auf den kognitiven und verhaltensorientierten Lernmodellen, welche in den 60er und 70er- Jahren entwickelt wurden und sind daher nicht mehr repräsentativ für die Psychologie und das Verhalten der jungen lernender Menschen. Überspitzt gesagt: Die Generation der „Boomer“ lernt anders als die Generation XYZ. Der Wissenstransfer von einer zur nächsten Generation steht hier vor einer größeren Herausforderung, die jedoch durchaus mithilfe der digitalen Möglichkeiten zu meistern ist.

Durch den Einsatz von spielerischen, didaktischen und zielgerichteten Elementen lässt sich Wissen leichter transferieren, allein schon, weil sie einen positiven Effekt auf das Online-Lernszenario haben. Besonders jene spielerischen Elemente, die beispielsweise in Form von Selbsttests und Selbstkontrollfunktionen einhergehen, bringen einen neuen Aspekt in die Lehre hinein: die (individuelle) Selbststeuerung des Lernprozesses. Während „früher“ Lernumgebungen und -prozesse hierarchisch ausgeführt wurden, steht „heute“ individuell-ausgerichtete und selbstgesteuerte Wissensvermittlung im Fokus des Lernens.

Menschen testen VR Brillen
c iStock, Pekic

level completed?

Organisationen und Unternehmen auf der ganzen Welt haben dieses Potenzial bereits erkannt und bieten diverse unterhaltsame E-Learning Formate an, um viel Wissen auf kompakte Art zu vermitteln. Auch im Hochschulraum wird vermehrt mit derlei Elementen gearbeitet, wenn gleich noch sehr vorsichtig. Es gilt hier, diese Vorsicht, die im Namen hierarchischer und verstaubter Vorstellungen von Universitätslehre agiert, abzulegen und mit den Möglichkeiten von digitalen Technologien für den Bereich Hochschullehre zu experimentieren.

Gamification in der Lehre sowie Bame Based Learning bergen das Potenzial, die Art und Weise, wie zukünftig gelernt wird, radikal zu verändern, – sofern sich die Anforderungen der jungen Generationen an Design, Handhabung und Ausgestaltung der spielerischen Elemente in Lernumgebungen erfüllen lassen.

 

ein Screenshot von einem videospiel mit der Überschrift: Level up
c iStock, PixelChoice